- Verschmelzen möchte ich
mitunter
- in den Horizont
- zwischen dem
- Ende des Meeres
- und dem
- Anfang des Himmels
- Eins sein mit allem
- was mich umgibt
- ich ahne und weiß
- fühle und fürchte
- glaube und hoffe
- nichts soll sich
widersprechen
- verschmelzen möchte ich
mitunter
- in den Horizont
- zwischen dem
- Ende des Meeres
- und dem
- Anfang des Himmels
Eins
sein
Liebe Familie und Freunde,
Menschen, die mit Astrid verbunden waren und sich von ihr
verabschieden möchten.
Wir alle haben auf die eine oder andere Weise Astrid
begleitet, haben Augenblicke mit
ihr geteilt.
Für
Brigitte, Waltraud und mich war es ein besonderes
Geschenk, am frühen
Ostermontag-Morgen
den Augenblick
zu teilen, in dem Astrid leicht und in
Frieden die Tür zu einem neuen
Raum geöffnet hat.
Vielleicht gelingt es uns, mit der Gestaltung dieser
Abschiedsfeier für das Geschenk
dieses Augenblicks zu danken....etwas von dem Wunder und der
Gnade des Übergangs
sichtbar werden zu lassen....das, was uns sprachlos macht,
in Sprache zu fassen.
Es ist uns ein Anliegen mit größtmöglicher Klarheit den
roten Faden zu halten ...und
wenn uns die eigene Berührtheit davon trägt...dann kann es
Augenblicke der
Sprachlosigkeit geben.
Wir nehmen Abschied von Astrid.
Abschied bringt uns in Berührung mit unserem Schmerz und
unserer Trauer und mit
dem Zauber des Neubeginns. Abschied lässt uns all das
spüren, was heil geworden ist.
Wasserlarven und Libellen
-
- Tief unter der Wasseroberfläche
eines kleinen, ruhigen Teiches lebte eine Gruppe von
Wasserlarven wie in einem
- kleinen Dorf. Es war eine
glückliche Dorfgemeinschaft, weit weg von der Sonne. Während
vieler Monate waren sie
- sehr geschäftig, krabbelten und
wuselten durch den weichen Schlamm am Boden des Teiches.
- Von Zeit zu Zeit beobachteten sie,
dass immer mal wieder die eine oder andere von ihnen das
Interesse an der
- Gruppe zu verlieren schien und
offenbar mit den alten Freundinnen nicht mehr zu tun haben
wollte. Sie kletterte dann
- an dem Stängel der Wasserlilie
empor, verschwand durch die Wasseroberfläche und wurde nie
mehr gesehen.
- Eines Tages machte sich wieder eine
auf den Weg. „Schau“, sagte eine der zurückgebliebenen
Larven, „da klettert
- wieder eine von uns am
Lilienstängel hoch. Wohin, glaubst du, wird sie gehen? “ Die
Larve kletterte immer höher,
- und schließlich konnte man sie
nicht mehr sehen. Die Freundinnen warteten und warteten,
aber sie kehrte nicht
- zurück. „Das ist aber merkwürdig“,
sagte eine Larve, „war sie nicht glücklich hier? Was glaubt
ihr, wohin sie geht?“
- Keine hatte eine Antwort, alle
waren ziemlich ratlos. Schließlich rief eine – sie war so
etwas wie die Anführerin – alle
- Larven des Dorfes zusammen und
sagte: „Ich habe eine Idee: Wir versprechen uns gegenseitig,
dass die nächste von
- uns, die den Stängel
hinaufklettert, wieder zurückkommt und erzählt, wohin sie
ging und warum“. So geschah es.
- An einem Frühlingstag, nicht lange
danach, merkte dieselbe Larve, die den Vorschlag gemacht
hatte, wie sie selbst
- plötzlich den Stängel
emporkletterte. Irgendetwas – sie konnte es sich nicht
erklären – trieb sie immer weiter nach
- oben. Noch bevor sie erfasste, was
eigentlich geschah, gelangte sie durch die Wasseroberfläche
und fiel in ein breites
- grünes Lilienblatt. Als sie
aufwachte, schaute sie überrascht um sich. Sie konnte nicht
glauben, was geschah: ihr alter
- Körper veränderte sich auf eine
merkwürdige Weise, sie bekam vier silbrige Flügel und einen
langen Schwanz. Als
- sie sich schüttelte, fühlte sie
einen unwiderstehlichen Drang, die Flügel zu bewegen. Die
wärmende Sonne trocknete
- schnell die noch anhaftende Nässe –
und plötzlich flog sie über dem Wasser. Sie war eine Libelle
geworden. Sie flog
- auf und ab in großen Kurven, und
sie fühlte sich wunderbar in ihrer neuen Umgebung. Nach
einer Weile landete sie
- auf einem Lilienblatt, um sich
auszuruhen. Und da sag sie auf den Boden des Teiches. Oh,
sie war genau über ihren
- alten Freundinnen, den
Wasserlarven. Und sie konnte sehen, wie sie durch den
Schlamm krabbelten, so, wie sie
- selbst es noch bis vor kurzem getan
hatte. Und da erinnerte sich die Libelle an das Versprechen,
das sie sich gegen-
- seitig gegeben hatten: die nächste,
die den Stängel emporklettern würde, sollte zurückkehren und
den anderen erzäh-
- len, wohin sie gegangen war und
warum. Ohne lange zu überlegen, startete sie nach unten,
prallte auf das Wasser und
- wurde zurückgeschleudert. Und sie
merkte, dass sie als Libelle nicht mehr ins Wasser zurück
konnte. „Ich habe es
- versucht“ , dachte sie, „aber ich
kann mein Versprechen nicht halten –und selbst wenn ich dort
unten ankäme, sie
- würden mich nicht mehr erkennen.
Ich denke, ich muss warten, bis jede von ihnen den gleichen
Weg geht und
- ebenfalls zur Libelle wird. Dann
werden sie verstehen, was geschah und wohin ich gegangen
bin.“
- Und die Libelle schwang sich
glücklich in ihre wundervolle neue Welt aus Sonne und Luft.
Augenblicke, Gedanken,
Begegnungen
Waltraud
-
- Von der Wasserlarve zur Libelle - das ist eine unglaubliche
Verwandlung - ohne vorher
- zu wissen, was am Ende des Blütenstengels sein wird,
loszuklettern , allen Mut und alles
- Vertrauen zusammen zu nehmen und zu gehen in ein ganz neues
Leben, schillernd, mit
- Flügeln, in der Sonne ...
-
-
Astrid hat in den letzten Jahren
eine Menge Mut gebraucht, ihren Weg zu gehen und
-
ihren Weg so zu gehen, wie es für
Sie gut und richtig war.
-
-
Sie wollte mit aller Kraft gesund
werden und heil
werden, für ein neues Leben - mit
-
Ralph und Liam und mit uns
- irgendwo hier
nahe den Bergen ...
-
- Am Karfreitag war plötzlich klar, das neue Leben wird ganz
anders aussehen, als sie
- und als wir alle gedacht und uns so sehr gewünscht hatten.
Und auch da hat sie wieder
- allen Mut und alles Vertrauen neu gebündelt und ist diesen
Weg gegangen, am Montag-
- morgen dann ganz ruhig und sanft und irgendwie heil.
-
-
Und irgendwie hab ich jetzt
verstanden, dass sie all das, was sie in den letzten Monaten
-
gesucht und gefunden hat, genau
dafür gebraucht hat. Sie wollte
heil
werden hier in
-
ihrem Körper,
-
jetzt wurde ihr Leben heil,
irgendwie an einem anderen Ort.
-
-
Was für mich bleibt ist die
Erinnerung an die Begegnungen mit ihr, die so waren, wie
-
ihre Augen, ganz tief und voller
Offenheit und mit so viel Mut und Freude, Schmerz
-
und Strahlen,
jede Begegnung ein ganz besonderer
Augenblick.
Augenblicke, Gedanken,
Begegnungen
Brigitte
-
- Als Astrid vor 20 Jahren ins Allgäu
zog, haben wir uns über unsere gemeinsame Arbeit,
- das Töpfern kennen gelernt. Obwohl
wir nur kurze Zeit zusammen im gleichen Betrieb
- gearbeitet haben, war die Verbindung
und Freundschaft zwischen uns gleich da.
- Wenn ich erzählen soll, was wir
zusammen erlebt haben, dann fällt mir dazu wenig ein,
- denn es waren wenig äußere
Erlebnisse, die wir teilten.
- Unsere Begegnungen waren geprägt von
vielen intensiven Gesprächen bis tief in die
- Nacht. Von Gesprächen über das
Leben, den Sinn des Daseins, über Gefühle, über
- Spiritualität, unsere Wünsche,
unsere Träume, einfach miteinander zu teilen, was unsere
- Herzen bewegte. Ich schätze Astrid
sehr, für ihre Art die Dinge zu sehen und den
- Dingen auf den Grund zu gehen. Da
durften wir viel mit einander lernen. An ihrer Tür
- im Krankenhaus hing folgender Text:
- „Es gibt eine Instanz in uns, die
das äußere Sehen in ein inneres Begreifen und Erken-
- nen verwandeln will. Erst dann ist
unsere Freude vollkommen.“ Er drückt passend aus,
- was für Astrid immer wichtig war,
den Wunsch, die Dinge zu verstehen und dem Leben
- einen Sinn zu geben.
- Ich bewunderte sie schon immer für
ihre Kraft und Zuversicht, ihr Leben anzupacken.
- Doch gerade in den letzten
Monaten hat sie mir gezeigt, dass man das Ruder immer
- wieder „rumreißen“ kann, so wie sie
sich ausdrückte, um mutig nach vorne zu schauen
- und zu gehen.
- Es gab während unserer langen
Freundschaft auch Zeiten, in denen jede von uns mit
- ihren Dingen beschäftigt war, und
wir uns auch mal länger nicht gesehen haben. Doch
- bei jeder neuen Begegnung war es,
als hätten wir uns erst gestern voneinander verab-
- schiedet, so nah und vertraut fühlte
es sich sofort wieder an. Ich bin mir sicher, so wird
- es auch beim nächsten Mal sein.
- Und ich freu mich drauf, für mich
und für uns alle.
Augenblicke, Gedanken, Begegnungen
Simone
-
- Die alltäglichsten Augenblicke, in
denen Astrid mir nahe war und ist, sind die Momente,
- in denen ich meinen Geschirrschrank
aufmache und mir ihr buntes Keramik-Geschirr
- entgegenleuchtet.
- Müslischüsselchen, Teetassen,
Frühstücksteller verschiedenster Formen und Ornamente.
Es sind die Farben, die
aufleuchten, wenn ich an Astrid denke - kraftige Rot-Orange-
- Gelbtöne, Grünnuancen, Blau...
auch in ihren Bildern ....
Ich sehe eine schöne Frau vor mir
inmitten eines farbenfrohen Lebens...nach einem Be-
- such in eurem Haus hatte ich
immer Lust, Farbeimer und Rolle auszupacken und bei mir
- daheim loszulegen...
So farbig-schillernd die Libelle
sich von Blatt zu Blatt schwebt, so facettenreich und viel-
- schichtig habe ich Astrids
Leben wahrgenommen...unterwegs zwischen Werkstatt und
- Werkstatt, Laden und Laden,
Spaziergange mit Samu, auf Besuch bei Johannes...Markt,
- Ausstellung, die Suche nach
einem Haus, der Wunsch nach einem Kind...sie webte alles
- zu einem bunten Bild
zusammen... mit großer Leichtigkeit und Freude und
stellenweise
auch mit einem Gefühl des
,,Zuviel“...
Unterwegs in verschiedensten
äußeren Räumen - dann das Innehalten im Augenblick -
- wach und präsent, Einblicke in
innere Räume - Fragen ans Leben, ans Frau-Sein, an die
- Anderswelt mit ihren Engeln
und Elementarwesen. Intensive Gespräche, in denen ihre
Suche spürbar wurde, ihre
Neugierde und die Liebe zur Welt, zum Leben.
Astrid ist Intensität fur mich,
sie hat immer Alles gegeben...mit Herzenswarme und Liebe
- ...als Künstlerin, als
Gefahrtin, als Freundin, als Mutter... als Suchende, als
Pilgerin auf
- ihrem Lebensweg.
Astrid hat die Berge geliebt, den
Forggensee .... und als ich nach ihrem Tod mit einigen
- Frauen draußen auf dem Feld
war, um fur Astrid zu beten, da leuchtete uns das Berg-
- panorama mit einer solchen
Klarheit und Intensität entgegen, dass ich ganz plötzlich
ein
- Bild hatte von dem Ort, zu dem
Astrid nun unterwegs ist...sei gesegnet liebe Freundin...
Bitte
-
- Wir werden eingetaucht
- und mit dem Wasser der
Sintflut gewaschen,
- wir werden durchnässt
- bis auf die Herzhaut.
-
- Der Wunsch nach der
Landschaft
- diesseits der Tränengrenze
- taugt nicht,
- der Wunsch , den
Blütenfrühling zu halten,
- der Wunsch verschont zu
bleiben,
- taugt nicht.
-
- Es taugt die Bitte,
- dass bei Sonnenaufgang die
Taube
- den Zweig vom Ölbaum bringe.
- Dass die Frucht so bunt wie
die Blüte sei,
- dass noch die Blätter der
Rose am Boden
- eine leuchtende Krone
bilden.
-
- Und dass wir aus der Flut,
- dass wir aus der Löwengrube
und dem feurigen Ofen
- immer versehrter und immer
heiler
- stets von neuem
- zu uns selbst
- entlassen werden.
-
- Hilde Domin
- Liebe Verwandte, liebe
Freunde
- Alles steht zum Besten
- Der Tod bedeutet nichts. Er zählt nicht.
- Ich bin nur nach nebenan gegangen.
-
- Nichts ist geschehen. Alles bleibt genau,
- wie es war. Ich bin ich und ihr seid ihr
- und das alte Leben, das wir in so fröhlicher
- und guter Gemeinschaft geführt haben,
- ist davon unberührt und bleibt unverändert.
-
- Wir sind füreinander nach wie vor,
- was wir immer waren.
- Nennt mich mit dem alten vertrauten Namen
-
-
A S T R
I D
-
- Sprecht von mir ebenso unbeschwert
- wie sonst auch. Ändert Euren Ton nicht.
- Tragt keine feierliche oder traurige Mine
- zur Schau. Lacht, wie wir immer über die
- kleinen Späße und alten Witze gelacht haben.
-
- Spielt, wandert, reist viel,
- seid fröhlich im Gedenken an mich.
- Betet für mich.
- Laßt euch meinen Namen stets so vertraut sein,
- wie er früher war.
-
- Er soll leichthin ausgesprochen werden,
- ohne die kleinste Spur eines Schattens darauf.
- Alles geht weiter, wie es war, ohne Unterbrechung.
-
- Was ist denn dieser Tod anderes
- als ein kaum wahrnehmbarer Zwischenfall?
- Warum sollte ich euch aus dem Gedächtnis schwinden,
- weil ich euch nicht mehr sichtbar bin?
-
- Ich warte nur auf euch, irgendwo ganz in der
Nähe,
- gleich um die Ecke, für eine kleine Weile.
-
- Alles steht zum Besten
EURE ASTRID
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